Die Autobahn GmbH treibt die Digitalisierung voran – mit einem Praxistest zur modellbasierten Bauwerksprüfung auf Basis parametrischer Platzhaltermodelle
Exemplarischer Vergleich der konventionellen Bauwerksprüfung mit der digitalen, modellbasierten Bauwerksprüfung mit der Software m2ing. Einschließlich Praxistauglichkeitstests der Platzhaltermodelle an einer Autobahnbrücke.

1. Revolutionierung der Bauwerksprüfung: Von Systemen wie SIB-Bauwerke zu modellbasierter Schadenserfassung
Die normkonforme Bauwerksprüfung nach DIN 1076 ist ein zentraler Bestandteil der Instandhaltung und Sicherheit von Ingenieurbauwerken, insbesondere von Brücken. Die DIN 1076 legt klare Standards und Prüfintervalle fest, um sicherzustellen, dass mögliche Schäden rechtzeitig erkannt und behoben werden können. Durch die strukturierte Erfassung von Schäden gemäß des Schadenskataloges der RI-EBW-PRÜF und die Anwendung eines Bewertungsalgorithmus, der die maßgebenden Schäden und die betroffenen Bauteilgruppen berücksichtigt, wurde in Deutschland ein Standard etabliert, der international als Vorbild dient.
Der Workflow der Bauwerksprüfung ist häufig jedoch immer noch durch manuelle und zeitaufwendige Prozesse geprägt, die die Effizienz und Genauigkeit der Prüfungen beeinträchtigen. Ingenieure dokumentieren Schäden während regelmäßiger Prüfungen oft noch mit Stift und Papier, indem sie diese auf Plänen vermerken und zusätzlich Fotos aufnehmen. Die Ergebnisse werden dann händisch in das Bauwerksprüfprogramm SIB-Bauwerke eingegeben und nachdigitalisiert, was durch die langwierigen Baumstrukturen zur Auswahl von Schadensbeispielen oder zur Ergänzung von Bauwerksdaten sehr zeitaufwendig ist. Diese traditionelle Vorgehensweise birgt zudem das Risiko von Übertragungsfehlern und die Doppelarbeit zur Nachdigitalisierung ist nicht mehr zeitgemäß.
Abbildung 1: Traditionelle Bauwerksprüfung
Moderne Technologien und Programmsysteme beginnen, den traditionellen Ansatz der Bauwerksprüfung erheblich zu revolutionieren. Durch die digitale Erfassung und sofortige Bewertung von Schäden direkt vor Ort wird nicht nur die Effizienz der Prüfungen gesteigert, da die Doppelarbeit aus der Nachdigitalisierung entfällt, sondern auch die Genauigkeit und Nachvollziehbarkeit verbessert. Neben der aus SIB-Bauwerke gewohnten verbalen Beschreibung der Lokalisation eines Schadens, können hier auch Pins und Einzeichnungen auf digitalen Skizzen und Plänen erstellt werden, welche direkt mit der Schadensbeschreibung verknüpft sind. Eine wichtige Grundlage hierfür ist es, die Zustandsdaten der bisher in SIB-Bauwerke gepflegten Bauwerke in das neue System zu übernehmen und dort lückenlos fortzuführen. M2ing löst dies durch den Import von CAB-Dateien aus SIB-Bauwerke.
Ingenieur:innen können Schäden mit m2ing mithilfe mobiler Endgeräte somit direkt vor Ort digital erfassen, in Echtzeit analysieren, und Prüfberichte inkl. Skizzen auf Knopfdruck erstellen, was die bisherigen manuellen Prozesse deutlich optimiert.
Abbildung 2: Schadensbewertung vor Ort via App am mobilen Endgerät
Ein zusätzlicher entscheidender Fortschritt in diesem Kontext ist die modellbasierte Bauwerksprüfung. Hierbei werden Schäden direkt im digitalen Modell des Bauwerks erfasst und analysiert. Diese Methode erhöht nicht nur die Effizienz und Genauigkeit der Prüfung, sondern trägt auch zur Vermeidung von Übertragungsfehlern bei, die in traditionellen Verfahren häufig vorkommen.
Abbildung 3: modellbasierte Verortung vor Ort via App am mobilen Endgerät
Die fortschreitende Digitalisierung dieser Prozesse stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer zeitgemäßen und effektiven Bauwerksprüfung dar.
2. BIM als Datengrundlage für die Brückenprüfung nach DIN 1076
2.1 Vorteile modellbasierte Schadensverortung
Die Vorteile von BIM sind weitgehend bekannt. Die modellbasierte Schadensbewertung ermöglicht eine visuelle und interaktive Darstellung der zu prüfenden Brücken und anderen Ingenieurbauwerken wie Tunnel oder Lärmschutzwände. Im Gegensatz zu einer traditionellen reinen Beschreibung der Lokalisierung oder einer 2D-Dokumentationen auf Skizzen oder Plänen bieten 3D-Modelle eine klare und präzise Visualisierung und Verortung, die Missverständnisse reduziert.
Zudem erleichtert es die Kommunikation zwischen den verschiedenen Projektbeteiligten, da alle denselben visuellen Referenzpunkt nutzen.
Eine modellbasierte Verortung von Schäden ermöglicht zudem eine präzisere und umfassendere Analyse von Schadenszusammenhängen zwischen verschiedenen Bauteilgruppen. Durch die dreidimensionale Darstellung im Modell können Ingenieure auch im Nachgang zur Prüfung einfach erkennen, wie Schäden an einem Bauteil möglicherweise andere Bauteile beeinflussen und wie sich diese Zusammenhänge auf die Gesamtstruktur des Bauwerks auswirken. Diese ganzheitliche Sichtweise erleichtert die Bewertung von Schadensursachen und -folgen erheblich.
Zukünftig ist es denkbar ein Fachmodell mit enthaltenden Schäden und Mängeln direkt an Planende und Ausführende zu übergeben, die damit besser in der Lage sein werden, Instandsetzungen zu planen und zielgerichtet Schäden zu beheben.
2.2 Status BIM im Erhaltungsmanagement
BIM ist in der Planung von Neubaubrücken unverzichtbar geworden. Seit dem 1. Januar 2021 gilt in Deutschland eine BIM-Pflicht für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich der Infrastrukturprojekte des Bundes, die seit 2023 auch für den gesamten Bundesbau gilt. Doch wie gestaltet sich der Einsatz von BIM nach der Fertigstellung einer Brücke?
Im „Masterplan BIM Bundesfernstraßen“ sowie im Rahmen von „BIM Deutschland“ wurde der Anwendungsfall 190 „Projekt- und Bauwerksdokumentation“ entwickelt. Dabei werden As-built-Modelle (Revisionsmodelle) erstellt, die detaillierte Informationen über die Ausführung, einschließlich verwendeter Materialien und Produkte, sowie Verweise auf Prüfprotokolle und andere Revisionsunterlagen enthalten. Darüber hinaus wurde der Anwendungsfall 200 „Nutzung für Betrieb und Erhaltung“ definiert. In Hamburg wird dies weiter differenziert in die Anwendungsfälle 210 „Unterhaltungs- und Wartungsmanagement“, 220 „Zustandserfassung, Prüfung und Inspektion“ und 230 „Nutzungsmanagement“ .
Allerdings fehlen bislang bundesweite Vorgaben oder Standardisierungen für Erhaltungs- bzw. Betriebsmodelle. Es ist noch unklar, ob As-built-Modelle in ihrer ursprünglichen sehr detaillierten Form verwendet oder angepasst und vereinfacht werden. Derzeit wird länderübergreifend intensiv daran gearbeitet, durch kontinuierlichen Austausch und Zusammenarbeit Standardisierungen voranzutreiben.
2.3 Anforderungen an BIM-Modelle
Um die Vorteile von BIM im Erhaltungsmanagement optimal zu nutzen, müssen die verwendeten Modelle bestimmte Anforderungen erfüllen. Unabhängig vom verwendeten Modell (z. B. „as-built“, “as-designed“, „as-maintained“ oder Platzhaltermodell) sind bestimmte Standardisierungen notwendig, um Auswertung über mehrere Bauwerke oder gesamte Portfolios hinweg deutlich erleichtern. Eine Verortung im globalen Koordinatensystem ist unerlässlich, um Schäden präzise zu lokalisieren. Die Vollständigkeit der Bauteile und deren Abgrenzung sind ebenfalls wichtig; beispielsweise kann ein fehlendes Element wie die Böschungstreppe die Schadensverortung an ebendieser verhindern. Wird ein Geländer nicht als ein zusammenhängendes Bauteil modelliert, sondern jeder Geländerholm als eigenes IFC-Objekt, wird eine bauteilbasierte Schadensauswertung deutlich erschwert. Während sichtbare Elemente wie die Gründung zwar nützliche Informationen darbieten, können sie die Modellgrößen auch unnötig erhöhen, wenn sie unterirdisch und dadurch bei der Bauwerksprüfung vor Ort nicht sichtbar sind. Eine Darstellung des an das betrachtete Bauwerk angrenzenden Geländes unterstützt den Prüfer bei der Navigation im 3D-Modell, ist in der Erstellung jedoch oft aufwendig. Zudem sind Attribute wie Material und Art des Korrosionsschutzes wichtige Informationen für die Bauwerksprüfung und können Prüfer:innen bei der Schadensbewertung unterstützen.
2.4 Offlineverfügbarkeit abhängig von Dateigröße und Detaillierungsgrad
Ein häufig diskutiertes Thema im Kontext von BIM ist der erforderliche Level of Detail (LOD) für verschiedene Bauphasen. Auch bei der modellbasierten Schadenserfassung spielt die Dateigröße eine entscheidende Rolle. Ein hoher LOD führt zu großen IFC-Dateien und erhöht den Rechenaufwand für das Rendern detaillierter Bauteile. Vor Ort werden mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones eingesetzt, jedoch liegen viele Bauwerke oft an Orten ohne mobiles Netzwerk, weshalb die Geräte und Modelle offline funktionsfähig sein müssen. Detaillierte Modelle, insbesondere bei großen Brücken, können mehrere hundert Megabyte groß sein, was bei älteren mobilen Endgeräten zu Anzeige- und Navigationsproblemen führt und die Performance beeinträchtigt. Ein geringerer Detaillierungsgrad oder auch das Ausblenden von für die Bauwerksprüfung nicht relevanter Bauteile kann helfen, diese Probleme zu vermeiden.
2.5 Alternative für Standardbrücken im Bestand – Platzhaltermodelle
Eine vielversprechende Alternative, insbesondere für ältere Bauwerke ohne vorhandenes As-built-Modell, ist die Erstellung von Platzhaltermodellen. Vor allem für die große Anzahl an Standardbrücken, wie Plattenbrücken, Plattenbalkenbrücken, Rahmenbrücken oder Rohre gibt es die Möglichkeit aus wenigen, konstruktiven Bauwerksdaten aus SIB-Bauwerke Platzhaltermodelle zu generieren. Für vorliegendes Projekt wurde in einer Masterarbeit, die für die Autobahn GmbH erstellt wurde, eine dieser Möglichkeiten mit Allplan umgesetzt. Ziel ist es diese Platzhaltermodelle für die Bauwerksprüfung einzusetzen.
2.6 Anforderungen an einen Viewer für die modellbasierte Bauwerksprüfung
Die Praxistauglichkeit einiger erstellter Platzhaltermodelle wurde im Zuge dieser Masterarbeit „Entwicklung eines Konzepts zur Erzeugung parametrisierter BIM-Modelle von Bestandsbrücken für ein modellgestütztes Erhaltungsmanagement“ bereits durch Verwendung des in den Webservice von m2ing integrierten IFC-Viewers getestet.
Abbildung 4: Ansicht IFC-Modell Testbauwerk Masterarbeit im m2ing Webservice
Die wichtigsten Grundlagen bei der Entwicklung des Viewers waren eine einfache Navigation, Bedienung und Verortung von Schäden im Modell. Es sollten keine überladenen Features integriert werden, sowie eine uneingeschränkte offline Anwendung am mobilen Endgerät war Grundvoraussetzung. Es wurde sich daher auf folgende Features des in die App und den Webservice von m2ing integrierten Viewers beschränkt:
- Zoomen, Drehen (um Nullpunkt, um Bauteil usw.)
- Highlighten von Bauteilen bei Mouseover
- Ausblenden von einzelnen Bauteilen
- Einblenden aller ausgeblendeten Bauteile
- Semantische Informationen/Attribute anzeigen
- Schäden mithilfe eines 3D-Objekts (Kugel) markieren
- Überlagerung mehrerer Fachmodelle
3. Praxistest: Feldversuch vor Ort an einem Autobahnbauwerk der A93
Abbildung 5: Autobahnbauwerk
3.1 Grundlagen und Vorbereitung
Nach den Vorarbeiten wurde ein realer Test vor Ort an einem Rahmenbauwerk im Zuge der A93 von München nach Regensburg durchgeführt. Ziel des Termins war es zum einen, die m2ing App generell zu testen, auch die Standardversion mit der Schadensverortung auf 2D-Skizzen. Außerdem sollte die modellbasierte Verortung exemplarisch getestet werden, sowie die Praxistauglichkeit, der erstellen Platzhaltermodelle. Für den Feldversuch wurde ein Bauwerk über einen Feldweg gewählt, sodass für die Aufnahme von Schäden unter der A93 keine Verkehrssicherung notwendig war und sich das Testteam frei bewegen konnte.
Als Vorbereitung auf den Vor-Ort Termin wurden Platzhaltermodelle der beiden Teilbauwerke des Bauwerks erstellt. Die Autobahn GmbH stellte die CAB-Dateien der Prüfungen zur Verfügung. Die CAB-Dateien, sowie die dazugehörigen Skizzen wurden in m2ing importiert.
3.2 Durchführung des Praxistests
Nach einer allgemeinen Einführung in App und Webservice, teilte sich die Gruppe auf die beiden Teilbauwerke auf und befasste sich vor allem mit der Verortung der aus der CAB-Datei importierten Schäden sowohl auf den 2D-Skizzen als am 3D-Platzhaltermodell.
Abbildung 6: Darstellung Platzhaltermodell an einem der Test-Tablets
Zusätzlich wurde das Handling der Schadensbewertung innerhalb der m2ing App getestet.
Abbildung 7: Vor Ort Termin – Erklärung der m2ing App von Birga Ziegler
3.2 Erkenntnisse und Ideen zur Verbesserung
Beim Ortstermin am Bauwerk in Regensburg wurde schnell deutlich, dass das Interesse der Beteiligten geweckt war. Die Teilnehmenden zeigten Interesse an den Möglichkeiten der digitalen Bauwerksprüfung. Der Einsatz mobiler Endgeräte schuf eine lebendige Atmosphäre. Diese Interaktion unterstützte das Verständnis für die Technologie und motivierte dazu, sie in zukünftigen Projekten zu nutzen. Die Beteiligten konnten sehen, wie die digitale Modellierung eine präzisere Verortung von Schäden ermöglicht. Diese visuelle Komponente war besonders überzeugend, da sie die häufig komplexen und abstrakten Altschäden anschaulich und nachvollziehbar darstellte.
Während des Praxistests und dem Abschlussgespräch in München wurden auch wichtige Ideen zur Erweiterung der Funktionen der App diskutiert, welche nachfolgend erörtert werden.
3.2.1 Bauwerksgrundinformationen
Die Prüfenden sollte vor Ort in der Lage sein, sich grundsätzliche Informationen zum Bauwerk jederzeit direkt in der App anzeigen zu lassen. Dazu gehören der Standort, der über eine Kartenansicht dargestellt wird, der Name des Bauwerks, sowie die Teilbauwerksnummer. Welches Teilbauwerk derzeit bewertet wird, sollte zu jeder Zeit am Modell ersichtlich sein. Im Testmodell beispielsweise durch Kennzeichnung der Richtungsfahrbahnen. Zudem ist es wichtig, dass Fotos vergrößerbar sind, um Details besser erkennen zu können. Alle relevanten Stammdaten sollten ebenfalls ins Modell integriert und leicht zugänglich sein. Hierzu soll im nächsten Testmodell ein Würfelobjekt im Bauwerksursprung bzw. neben dem Modell ergänzt werden.
3.2.2 Schadenserfassung und Prüfungsvorbereitung
In der Regel weisen Bestandsbauwerke bereits zahlreiche Altschäden auf. Daher ist eine sorgfältige Prüfungsvorbereitung entscheidend, um vor Ort effektiv und zielgerichtet arbeiten zu können. Es wird empfohlen, Altschäden bereits im Büro so weit wie möglich am Modell vorzuverorten und die Lokalisation vor Ort zu bestätigen oder anzupassen. Bei einer Folgeprüfung ist dieser Schritt nicht mehr notwendig, sodass die Vorteile der modellbasierten Verortung optimal ausgeschöpft werden können.
Wenn die Vorbereitung im Büro fehlt oder die Informationen zu Altschäden unzureichend sind, beispielsweise ohne Kennzeichnung in Skizzen oder ohne Schadensbilder – wie es häufig bei Altprüfungen in SIB-Bauwerke der Fall ist – und Schäden in der App vor Ort lediglich als Liste angezeigt werden, kann der Überblick schnell verloren gehen. In solchen Fällen gestaltet sich die Wiederauffindung und korrekte Zuordnung der Schäden vor Ort als schwierig.
Die erfassten Schäden sollten daher zusätzlich nach Bauteilgruppen sortierbar sein, um eine schnelle und effiziente Übersicht zu gewährleisten. Außerdem sollte ein kleines Vorschaubild für jeden Schaden auch in der Offline-Version der App angezeigt werden. Es wäre hilfreich, wenn erkennbar ist, ob der Schaden bereits an diesem speziellen Gerät bearbeitet wurde, beispielsweise durch ein Häkchen oder eine farbliche Hervorhebung im Modell.
3.2.3 Platzhaltermodell
Es wurde Konsens darüber erzielt, dass ein Platzhaltermodell wie beim Praxistest verwendet, ausreicht, um Einzelschäden präzise zu verorten. Auch die Navigation im Viewer und am Modell war für die Beteiligten schnell erlernbar. Neben der Verortung von Schäden durch Pins oder Kugeln am Modell wäre eine Verortung von Flächen- und Linienschäden zukünftig wünschenswert. Eine zusätzliche farbliche Hervorhebung der maßgebenden Schäden oder eine farbliche Abstufung gemäß der Schadensnoten, wäre eine weitere Idee zur einfachen Filterung wichtiger Informationen. Schäden, die eine gesamte Bauteilgruppe oder ein nicht modelliertes Objekt betreffen, müssen nicht zwingend am Modell verortet werden, hier reicht auch eine Listendarstellung wie bisher. Bei einem Export sollten diese Schäden aber trotzdem auch im Modell hinterlegt sein. Dies bedeutet, dass solche Schäden zwar nicht exakt verortet sind, jedoch einer bestimmten Bauteilgruppe zugeordnet werden.
3.2.4 Modellierung von Gelände und Böschungen
Es wurde längere Zeit diskutiert, ob Gelände, Böschungstreppen, Leitungen, Beschilderungen und ähnliche Elemente als modellierte Objekte erforderlich sind oder ob die zuvor beschriebene Vorgehensweise ausreichend ist. Da präzise Informationen über den Geländeverlauf aus den in SIB-Bauwerke hinterlegten Bauwerksdaten nur schwer entnommen werden können, tendiert die Gruppe dazu, auf diese Informationen im Platzhaltermodell zu verzichten. Das Platzhaltermodell sollte als guter Ausgangspunkt für die modellbasierte Verortung an Bestandsbrücken betrachtet werden, kann sich jedoch im Laufe der Zeit dynamisch durch ergänzende Informationen weiterentwickeln. Wenn ein digitales Geländemodell erstellt wird, kann dies beispielsweise als Fachmodell im Viewer eingeblendet werden, ebenso wie ein Leitungsmodell.
Sind in SIB-Bauwerke Beschreibungen zu Böschungstreppen hinterlegt, sollten diese vereinfacht durch schräge Ebenen dargestellt werden. Wichtig ist, dass die App eine Funktion bietet, um Feedback oder Notizen zu möglichen Fehlern im Modell zu erfassen, die an den Modellersteller weitergeleitet werden.
An einem Teilbauwerk der Testbrücke war beispielsweise ein Geländer modelliert, vor Ort wurde jedoch festgestellt, dass dieses mittlerweile durch eine Super Rail ersetzt wurde.
Generell muss den Prüfenden vor Ort bewusst sein, dass das Platzhaltermodell kein identischer digitaler Zwilling der Realität ist. Die Prüfung des Modells und der Bestandsdaten gehört ebenso zu seinen Aufgaben wie bei der traditionellen Bauwerksprüfung. Schäden an nicht modellierten Objekten wie Beschilderungen sollten, wie bereits in Abschnitt 3.2.3 erwähnt, allgemein verortet und den entsprechenden Bauteilgruppen zugeordnet werden.
3.2.5 Export von Schadensdaten
Neben einem Prüfbericht, der Beschreibung, Bewertung und Schadensbilder umfasst, bzw. dem Export der CAB-Datei aus m2ing inklusive der abgeschlossenen Prüfung und Reimport in SIB-Bauwerke, sollte auch die Verortung im 3D-Modell Teil des Exports werden.
Die geplante Vorgehensweise sieht vor, alle erfassten Schäden über ein Fachmodell „Schäden“ als IFC-Datei exportierbar zu machen. Dies gewährleistet, dass die Daten in einem einheitlichen Format bereitgestellt werden, um eine weitere Verarbeitung oder Analyse in nachgelagerter Software zu ermöglichen.
Durch das eigene Fachmodell „Schäden“ wird das Platzhaltermodell von den Schäden entkoppelt, wodurch es sich, wie in Abschnitt 3.2.4 beschrieben, dynamisch weiterentwickeln kann, ohne die Schadensverortung zu beeinflussen. Neben der Verortung im Modell werden bei der Erstellung eines Schadens auch die Geokoordinaten gespeichert. Diese erleichtern die Zuordnung bei der weiteren Auswertung zusätzlich.
4 Fazit
Die Transformation der Bauwerksprüfung von traditionellen Methoden hin zu digitalen Lösungen stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Instandhaltung und Sicherheit von Ingenieurbauwerken dar. Die normkonforme Prüfung gemäß DIN 1076 bildet zwar die Basis für die Identifikation und Behebung von Schäden, doch die herkömmlichen, oft manuellen Prozesse sind nicht mehr zeitgemäß und bergen zahlreiche Risiken, wie Übertragungsfehler und Ineffizienzen.
Durch den Einsatz moderner Technologien, wie der m2ing App, wird die digitale Erfassung und sofortige Bewertung von Schäden direkt vor Ort möglich. Dies führt nicht nur zu einer erheblichen Steigerung der Effizienz, sondern auch zu einer verbesserten Genauigkeit und Nachvollziehbarkeit der Prüfungen. Die modellbasierte Schadensverortung ermöglicht es Ingenieuren, Schäden in einem digitalen 3D-Modell zu analysieren, was die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten erleichtert und Missverständnisse reduziert.
Die fortschreitende Digitalisierung und die Implementierung von Building Information Modeling (BIM) im Erhaltungsmanagement bieten zudem neue Perspektiven für die zukünftige Bauwerksprüfung. Die Einführung von standardisierten As-built-Modellen und die Entwicklung von Platzhaltermodellen für ältere Bauwerke sind vielversprechende Ansätze, um die Vorteile digitaler Lösungen umfassend zu nutzen.
Der Ortstermin am Bauwerk und das Abschlussgespräch in München haben deutlich gezeigt, dass das Interesse aller Beteiligten an diesen neuen Technologien geweckt wurde. Die positiven Erfahrungen und Rückmeldungen aus dem Praxistest mit der Autobahn GmbH schaffen eine solide Grundlage für eine breitere Akzeptanz und Anwendung digitaler Lösungen in der Bauwerksprüfung. Die nächsten Schritte umfassen detaillierte Tests vor Ort an weiteren Bauwerken. Die Kombination aus innovativer Technologie und interaktiver Zusammenarbeit wird entscheidend dazu beitragen, die Effizienz, Sicherheit und Qualität der Bauwerksprüfungen nachhaltig zu steigern.