Welche Lehren können aus dem Einsturz der Carolabrücke gezogen werden?
Versagen der Spannbetonbrücke in Dresden beschäftigt Fachleute und Bauwerksprüfer
Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden am 11. September 2024 hinterlässt Fassungslosigkeit bei Baulastträgern und Brückenbauingenieuren. Jeder Bürger in Deutschland weiß mittlerweile aus den Medien, wie marode der Zustand vieler Brücken im Land ist – doch mit einem Einsturz hatten wohl die wenigsten gerechnet. Glücklicherweise gab es keine Personenschäden.
Der wirtschaftliche Schaden
Die Brücke war stark frequentiert: Täglich nutzten etwa 34.500 Autos, Motorräder und Lkw die Carolabrücke. Hinzu kamen die Straßenbahnen der Linien 3 und 7 mit bis zu 24 Fahrten pro Stunde. Auch der Radverkehr hat in den letzten Jahren stark zugenommen, zuletzt fuhren täglich mehr als 4.000 Radfahrer über die Brücke – fast dreimal so viele wie im Jahr 2012. Darüber hinaus waren auf den Gehwegen in Richtung Alt- und Neustadt jeden Tag über 1.000 Fußgänger unterwegs. Alle diese Verkehrsteilnehmer müssen nun weiträumige Umleitungen in Kauf nehmen. Dies bedeutet einen immensen wirtschaftlichen Schaden und eine extreme Belastung für Berufspendler.
Die Ursache des Einsturzes
Obwohl bereits viel über die möglichen Ursachen diskutiert wurde, kann bislang nur spekuliert werden. Die Gutachten sind derzeit in Arbeit und werden mit Spannung erwartet.
Konsequenzen für die Bauwerkserhaltung und Bauwerksprüfung
Der Einsturz der Carolabrücke hat bereits jetzt eine Wende im Verständnis für die Bedeutung der Bauwerksprüfung und -erhaltung eingeleitet. Zum einen steht der Zustand von Brückenbauwerken wieder verstärkt im Fokus der Öffentlichkeit, zum anderen diskutieren Fachleute intensiv, wie zukünftige Schäden an Brücken schneller erkannt, richtig eingeschätzt und rechtzeitig Instandhaltungsmaßnahmen geplant werden können. Oft liegen die bisherigen Probleme in knappen Kassen und fehlenden Fördermitteln. Hinzu kommen unzureichende Digitalisierung und Personalmangel, die die Problematik zusätzlich verschärfen.
Bedeutung des Bauwerksmonitorings
Die Carolabrücke zeigt auch, wie wichtig ein zusätzliches Bauwerksmonitoring und eine objektbezogene Schadensanalyse sein kann. Engmaschige Überwachung hilft, die ohnehin schon stark in Ihrer Standsicherheit eingeschränkten Bauwerke ein zusätzliches Sicherheitsnetz zu geben.
Ab einer Zustandsnote von 3,0 sind die Standsicherheit und/oder Verkehrssicherheit eines Bauwerks beeinträchtigt, wie die RI-EBW PRÜF beschreibt.
Bauwerksnoten RI-EBW-PRÜF
Bildquelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Richtlinie zur einheitlichen Erfassung, Bewertung, Aufzeichnung und Auswertung von Ergebnissen der Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 RI-EBW-PRÜF 2007
Fazit
Um zukünftige Katastrophen wie den Einsturz der Carolabrücke zu verhindern, muss das Erhaltungsmanagement von Brücken grundlegend und nachhaltig verbessert werden. Die regelmäßigen Prüfungen helfen, oftmals sind aber zusätzliche Maßnahmen wie eine objektbezogene Schadensanalyse oder ein Bauwerksmonitoring erforderlich. Digitale Methoden, wie der Einsatz von Bauwerkserhaltungssoftware wie m2ing (Link auf „Ingenieurbau“), oder die Erstellung von BIM-Modellen und digitalen Zwillingen, helfen dabei, den Überblick über komplexe Bauwerksportfolios zu behalten. Baulastträger und Ingenieure sollten potenzielle Probleme frühzeitig erkennen können – idealerweise schon, wenn sie morgens den Rechner einschalten:
Übersichtliche Dashboards mit einer Kartenansicht helfen Problembauwerke rechtzeitig zu identifizieren.
In welchem Zustand sich ein Bauwerksportfolio befindet, lässt sich anhand des übersichtlichen Diagramms sofort erkennen.
Nicht zuletzt muss der Instandhaltungsrückstau dringend aufgeholt werden. Dafür müssen in den Haushalten klare Prioritäten gesetzt werden – sowohl bei Straßenbrücken als auch bei Bahnbrücken. Es ist unerlässlich, dass ausreichende Mittel schnellstmöglich bereitgestellt werden, um notwendige Sanierungen durchzuführen und die Sicherheit der Infrastruktur zu gewährleisten.